Verlauf einer Konfrontation


Kinder und Jugendliche, die während unseres Trainings öffentlich in der Gruppe gegen Regeln und Normen verstoßen, müssen sich öffentlich in der Gruppe dafür rechtfertigen und die Verantwortung übernehmen.

Im Umgang mit Kindern und Jugendlichen sind wir klar, eindeutig und ehrlich. Das Opfer und die scheinbar unbeteiligte Gruppe sind die wichtigsten Adressaten für die Rechtfertigungen und Legitimationen der Täter. Sie erweisen sich nach einiger Zeit als die wichtigste Korrekturinstanz.

Das Prinzip der öffentlichen Verhandlung ist ausgesetzt, wenn es sich um eine eindeutige Straftat handelt. Normverletzungen, die kriminelles Handeln beinhalten, sind Angelegenheit der Polizei. Auch für den schulischen Bereich gilt daher „Ermittlungsarbeit ist Polizeiarbeit“. Die Schulleitung hat im Einzelfall zu entscheiden, ob der Vorfall mit ‚pädagogischen Mitteln‘ noch zu bearbeiten ist.

Nimmt die Übeltäterin oder der Übeltäter die Konfrontation an, entsteht eine Auseinandersetzung. Es kommt Bewegung ins Spiel. In der Auseinandersetzung mit Kindern und Jugendlichen ist dies die halbe Miete und die Gegenüberstellung endet fast immer mit einer akzeptablen Regelung zwischen allen Beteiligten. Von der Täterin oder dem Täter werden in diesem Zusammenhang zunächst oft Ausreden vorgeschoben, um die eigene Verantwortung herabzusetzen. Viele Täterinnen und Täter entwickeln eine systematische Strategie zur Vermeidung von Schuldgefühlen und der Übernahme der Verantwortung für ihre Taten.

Wird die Annahme der Konfrontation verweigert, wird die Verweigerung zum Thema der Auseinandersetzung. Tritt diese Phase ein, so wird von der Trainerin oder dem Trainer die gewohnte Entfernung von Nähe und Distanz überschritten. Trainerin/Trainer und „Täterin/Täter“ sitzen sich face to face gegenüber, in jedem Fall näher als üblich. Die Trainerin oder der Trainer moralisiert nicht, sondern macht die Verweigerung der Tatkonfrontation zum Thema.

Wird auch diese Konfrontation verweigert, hilft eine „Dolmetscherin“ oder ein „Dolmetscher“. Eine Freundin, ein Freund oder ein einflussreiches Klassenmitglied übernimmt die Aufgabe des s.g. „Dolmetschers“. Sie bzw. er wiederholt Wort für Wort die Sätze der Trainerin bzw. des Trainers. Dies kann absurdes Theater werden. Eine weitere, mildere Form der Konfrontation mit Hilfe eines „Dolmetschers“ besteht darin, dass er mit der Täterin oder dem Täter die Gruppe verlässt, um sich den Sachverhalt ohne Publikum erklären zu lassen. Das Ergebnis wird später in der Gruppe entweder vom „Dolmetscher“, oder besser, von der Täterin oder vom Täter erläutert. Wird auch diese Auseinandersetzung verweigert, wird – wenn möglich – das Opfer um ein Feedback gebeten. Das Opfer erhält im Idealfall Stärkung durch die Gruppe. Das Opfer sitzt unmittelbar vor der Täterin oder dem Täter und berichtet über seine Empfindungen, die während der Tat vorherrschten. Das Opfer beschreibt detailliert die Leiden, Schädigungen, Abscheu und Schmerzen. Hierzu gehört eine strategische Überlegenheit der Trainerin bzw. des Trainers. Das Opfer kann nur einbezogen werden, wenn sichergestellt ist, dass es von der Gruppe gestützt wird. Es wäre verhängnisvoll, wenn das Opfer zusätzlich verletzt oder gar traumatisiert würde.


Ein Kommentar zu “Verlauf einer Konfrontation”

  1. Bettina Brauer sagt:

    Schön und gut. Aber welches Verhalten wird dem Täter / der Täterin nach der Konfrontation als Alternative geboten? Es reicht m.E. nicht aus, darauf hinzuarbeiten, was man nicht tun sollte. Was ist eine attraktive (!) Alternative?

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